Tsinat, Rohrleitungsbauer
Hessen - Frankfurt | Oktober 2020
2014 kommt der heute 29 jährige Tsinat aus Eritrea nach Deutschland. Er verlässt sein Heimatland, wie viele andere Eritreer als Kriegsdeserteur. Sechs Jahre später hat Tsinat die Deutsche Sprache gelernt, seinen Hauptschulabschluss absolviert und im Sommer 2020 erfolgreich seine Ausbildung zum Rohrleitungsbauer bei der Südwestdeutschen Rohrleitungsbau GmbH [SWR] abgeschlossen. Die Hessische Landesinitiative Wirtschaft integriert hat ihn auf seinem beruflichen Weg von Anfang an unterstützt.
Als eines der kleinsten Länder Afrikas soll Eritrea die größte Armee des Kontinents haben. Zum Militärdienst sind deshalb alle Frauen und Männer verpflichtet. Der „national service“ soll in der Theorie 18 Monate dauern. Tatsächlich aber folgt der Ausbildung an der Waffe in dem autoritären Staat, eine Dienstverpflichtung, die jahrzehntelang andauern kann [Pro Asyl].
Da wundert es nicht, das Eritrea zu den Hauptherkunftsländern von Flüchtlingen in Deutschland gehört. Vom Militärdienst betroffen war auch Tsinat: „Nach der Schule wollte ich gerne arbeiten, doch ich wurde vom Militär eingezogen und hatte keine Chance darauf, meine beruflichen Träume zu verwirklichen. Wir haben dort nur für die Regierung gearbeitet, nicht für uns. Deshalb bin ich geflohen und habe das Land verlassen. Mein Vater ist mit 78 Jahren noch immer beim Militär.“
Tsinat begab sich auf eine gefährliche Reise. Nach nur drei Monaten hatte er es mit Hilfe seiner Schwester nach Deutschland geschafft. Manche seiner Freunde, die mit ihm geflohen sind, sitzen noch heute in Lybiens Gefängnissen, erzählt er.
Nach dem Hauptschulabschluss und verschiedenen Praktika entscheidet sich Tsinat für den Berufseinstieg bei der SWR. Er beginnt zunächst mit einer Einstiegsqualifizierung. Gleichzeitig wird er im Rahmen der Einstiegsqualifizierungplus [EQplus] von der Landesinitiative Wirtschaft integriert begleitet, welche vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen [HMWEVW] 2016 ins Leben gerufen wurde und vom Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e.V. [BWHW e.V.] hessenweit umgesetzt wird.
Im Rahmen der EQplus werden die Teilnehmenden im Betrieb über mehrere Monate fachlich qualifiziert und auf die Ausbildung vorbereitet. Während dieser Zeit werden Sprachförderung, Integrationshilfe und sozialpädagogische Begleitung fortgesetzt. Dies war auch für Tsinat wichtig: „Zu Beginn meiner Einstiegsqualifizierung war mein Deutsch noch nicht so gut und ich habe viele Fachwörter nicht verstanden. Mein Chef fragte nach der Schubkarre und ich holte ihm die Schaufel. Bei Wirtschaft integriert hat mir vor allem der berufsbegleitende Deutschunterricht viel geholfen“.
Anschließend geht es für Tsinat direkt weiter mit der Ausbildungsbegleitungplus[ABplus]. Er beginnt mit der zweijährigen Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter und hängt im Anschluss noch ein weiteres Jahr im Rahmen der Stufenausbildung an, zum Rohrleitungsbauer. Im August 2020 ist es dann geschafft. Er hat die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen.
Bei seinem Arbeitgeber SWR fühlt Tsinat sich wohl und auch der SWR ist glücklich über die Kooperation mit Facharbeitern aus dem Ausland. „In unserer Branche kann es schwierig sein, gutes Personal zu finden, weshalb wir auch vermehrt mit Facharbeitenden aus dem Ausland zusammenarbeiten, bzw. Menschen mit Migrationshintergrund bei uns ausbilden und einstellen. Wir haben hier mittlerweile etwa 11 Nationen vertreten. Das ist ein ganz bunter Haufen, der gut zusammen arbeitet. Integration findet vor allem auch über den Beruf statt und durch die Zusammenarbeit werden Ängste und Vorurteile auf Seiten der Kollegen*innen abgebaut. Von der positiven Zusammenarbeit profitiert am Ende das ganze Team“ erzählt Dirk Heeser, Geschäftsführer der SWR.
Und wie geht es jetzt weiter mit Tsinat? „Mein Ziel war es eine Ausbildung zu machen und selbstständig zu sein. Das habe ich jetzt geschafft. Beim SWR gibt es noch viele Möglichkeiten zur Weiterbildung. Als nächstes möchte ich einen Schweißer Kurs oder einen Umhüller Kurs machen“.